Gemeinsame Pressemitteilung 2016

Landesverfassungsgericht: Richter,  Staatsanwälte,  Rechtsanwälte  und  Notare  lehnen  beabsichtigte  Gesetzesänderung ab! Überraschend  und  ohne  vorangegangene  öffentliche  Diskussion  haben  die  Fraktionen  von  CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und die Abgeordneten des SSW im September 2016 einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der tiefgreifende Änderungen beim Landesverfassungsgericht vorsieht. Danach sollen die Verfassungsrichter künftig nicht mehr auf sechs Jahre mit der Möglichkeit einer Wiederwahl, sondern einmalig fest auf zwölf Jahre gewählt werden. Die derzeit amtierenden  vier  Richter  aus  der  Gründungsperiode  des  Gerichts  (Präsident  und  drei  beisitzende  Richter),  die  seit  2008  im  Amt  sind,  sollen  dagegen  wiedergewählt  werden  können,  allerdings  nur  um weitere  drei  Jahre  auf  eine  Gesamtamtszeit  von  zwölf  Jahren.  Das  Gesetzesvorhaben,  das  einschließlich  einer  Änderung  der  Landesverfassung  noch  vor  Weihnachten  den  Landtag  passieren soll, hat in Fachkreisen Protest ausgelöst.

„Es ist nicht nachvollziehbar, warum urplötzlich ganz erhebliche Änderungen der Richterwahl vorgenommen  werden  sollen“,  erklärten  heute  die  Vorsitzenden  des  Schleswig-Holsteinischen  Richterverbandes Dr.  Wilfried  Kellermann,  des  Verwaltungsrichterverbandes Hans-Joachim  Rosenthal und  des  Schleswig-Holsteinischen Anwalt- und Notarverbandes Andreas Bothe übereinstimmend. „Das Landesverfassungsgericht besteht erst seit dem Jahr 2008. Woraus sich binnen weniger Jahre ein so weitgehender Reformbedarf der Richteramtszeiten ergeben haben soll, wird nicht ansatzweise begründet. 

Im  Gegenteil  führt  der  Gesetzesvorschlag  zu  einer  einschneidenden  Verschlechterung  in  der  Arbeitsfähigkeit  des  Gerichts.  Wenn  nämlich,  wie  es  offenbar  im  Hintergrund verabredet ist, der Gerichtspräsident  und  einzelne  Richter  auf  drei  Jahre  wiedergewählt  werden,  endet  ihre  Amtszeit gleichzeitig mit der des Vizepräsidenten und der weiteren Richter im Jahr 2020. Es gäbe dann also –  im  Gegensatz  zur  heutigen  Rechtslage  –  keinen  Zeitversatz  der  Amtszeiten  mehr,  so  dass  auf einen  Schlag  das  gesamte  Gericht  ausgewechselt  werden  müsste.  Das  würde  die  Arbeitsfähigkeit des  Gerichtes  schwer  beeinträchtigen  und  widerspräche  der  Rechtslage  bei  allen  anderen  deut-schen Verfassungsgerichten. Gerade das anerkannte Prinzip der zeitlichen Verschränkung gewährleistet eine kontinuierliche Arbeit des Gerichts und damit den Rechtsschutz des Bürgers.

Dringender  Überprüfung  bedarf  darüber  hinaus  der  Gesetzesvorschlag,  die  richterliche  Amtszeit von  sechs  auf  (einmalig)  zwölf  Jahre  zu  erhöhen.  Ob  damit  die  Attraktivität  der  ehrenamtlichen Richtertätigkeit für hochqualifizierte Juristen gesteigert wird, muss bezweifelt werden. Eine deutlichkürzere  Amtszeit,  wie  bei  den  meisten  vergleichbaren  Landesverfassungsgerichten,  dürfte  Neubesetzungen besser ermöglichen.

Wir fordern die Mitglieder des Landtages auf, den vorliegenden eiligen Gesetzentwurf nicht zu unterstützen,  sondern  ohne  Zeitdruck  gründlich  zu  prüfen,  inwieweit  überhaupt  ein  Reformbedarf  für die Richterwahl besteht.“