Offener Brief

offener Brief

Ihr veröffentlichtes Schreiben vom 15. Juni 2011 an eine Richterin des Amtsgerichts Elmshorn und Ihre nachfolgenden Stellungnahmen Sehr geehrter Herr Minister Schlie,

in der genannten Angelegenheit befinden Sie sich in einem tiefen Dissens mit den bei uns organisierten Richtern, Staatsanwälten und Rechtsanwälten. Ihr öffentliches Vorgehen ist nicht hinnehmbar und nötigt unsere Berufsverbände erstmalig, ein Mitglied der Landesregierung geschlossen zu kritisieren. Bereits Ihr Kabinettskollege Herr Justizminister Schmalfuß hatte Ihnen mit Schreiben vom 20. Juni 2011 vor Augen geführt, dass Ihre Vorgehensweise untragbar ist. Dem schließt sich die Justiz und Anwaltschaft des Landes an. Zu unserem Erstaunen mussten wir wahrnehmen, dass Sie jedoch jegliche Kritik weit von sich weisen und öffentlich verfechten, „gut und richtig“ gehandelt zu haben.

In Ihrem Schreiben an die Richterin kritisieren Sie ein mündlich gesprochenes Urteil, ohne die maßgeblichen schriftlichen Urteilsgründe zu kennen. Ihre Darstellung unterschlägt, dass der verurteilte Polizeibeamte nach Abschluss eines Ermittlungsverfahrens und entsprechender Anklage sowie auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach der öffentlichen Beweisaufnahme verurteilt wurde. Dem Leser Ihres Schreibens wird suggeriert, das Urteil beruhe allein auf der falschen Einschätzung einer Richterin, die Nachholbedarf in Sachen „polizeilicher Arbeit“ habe.

Ihr Vorgehen ist inakzeptabel.

Unter Umgehung aller Dienstwege schreiben Sie eine Richterin persönlich an und veröffentlichen Ihren Brief unter voller Namensnennung. Damit setzen Sie die Richterin als Person zielgerichtet der öffentlichen Kritik aus. Sie überschreiten dadurch das Maß der Kritik, die selbstverständlich in einem Rechtsstaat an der Arbeit der Gerichte zulässig ist. Mit diesem Vorgehen verletzen Sie die Grenzen der Gewaltenteilung und stellen die Integrität der Justiz in Frage.

Im Namen der von uns vertretenen Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte des Landes Schleswig-Holstein fordern wir Sie dringend auf, sich in der morgigen Landtagsdebatte von Ihrem Vorgehen unmissverständlich zu distanzieren.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Wilfried Kellermann

Hartmut Schneider

Dr. Wolfgang Weißleder

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