Pressemitteilung 22-II

Zur Diskussion um den Staatssekretär der Justiz Dr. Carstens

Der Schleswig-Holsteinische Richterverband vertritt als überparteilicher Berufsverband mit über 750 Mitgliedern die Interessen der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Die Mitgliederschaft bildet in ihren politischen und weltanschaulichen Überzeugungen das gesamte demokratische Spektrum ab. Vor diesem Hintergrund äußert sich der Schleswig-Holsteinische Richterverband grundsätzlich weder zu partei- oder allgemeinpolitischen Fragestellungen noch zu Personalentscheidungen im Bereich der Exekutive.

Zur aktuellen Debatte um den Staatssekretär Dr. Carstens und dem Ergebnis seiner Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss erklärt die Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Richterverbandes, Dr. Christine Schmehl:

„Für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz ist es unabdingbar, dass die richterliche Unabhängigkeit durch die Exekutive gewahrt wird. Leichtfertige oder missverständliche Äußerungen können an dieser Stelle erheblichen Schaden anrichten. Entsteht zudem der Eindruck, es fehle an der nötigen Ernsthaftigkeit, führt dies auch in der Kollegenschaft weithin zu Irritationen.

Des Weiteren steht außer Frage, dass sämtliche Entscheidungsträger der Exekutive – insbesondere im Bereich der Justiz – nicht nur keine Zweifel an ihrer persönlichen Verfassungstreue entstehen lassen dürfen. Es ist darüber hinaus auch erforderlich, erkennbare verfassungsfeindliche Strukturen und Bestrebungen klar einzuordnen und ihnen gegebenenfalls mit der notwendigen Entschlossenheit aktiv entgegentreten zu wollen.

Der Schleswig-Holsteinische Richterverband stellt fest, dass es Staatssekretär Dr. Carstens bislang nicht gelungen ist, die in diesem Zusammenhang aufgetretenen Bedenken und das daraus entstandene Gesamtbild nachhaltig zu korrigieren.

Die nach wie vor andauernde Debatte um die Person des Staatssekretärs stellt mittlerweile eine erhebliche Belastung für die Justiz dar. Darüber hinaus werden Ressourcen gebunden, die dringend für die Lösung der vielfachen Herausforderungen, vor denen die Landesjustiz steht, benötigt werden.

Der Koalitionsvertrag enthält eine große Anzahl von – justizpolitisch ausdrücklich zu begrüßenden – Vorhaben, deren Umsetzung drängt und keinen Aufschub duldet. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die den Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf Rechtsgewähr und effektive Strafverfolgung betreffen. Hier besteht, wie zuletzt durch die irregulären Haftentlassungen nochmals deutlich geworden ist, ganz erheblicher Handlungsbedarf. Unsere Justiz kann es sich nicht leisten, durch andauernde Personaldebatten gelähmt zu werden.

Wir fordern daher den Ministerpräsidenten auf, die gegenwärtige Unsicherheit zu beenden und klarzustellen, wer an der Seite der Ministerin das Justizressort führen soll. Es ist höchste Zeit, eine von Personaldebatten befreite Sacharbeit aufzunehmen.“