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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung jährlicher Sonderzahlungen (LT-Drucksache 19/368 (neu))

Der Schleswig-Holsteinische Richterverband bedankt sich für die Anhörung zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion und nimmt dazu wie folgt Stellung:

Nach Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Richterverbandes ist es unabdingbar, jetzt eine Rücknahme der Streichung der früheren Sonderzuwendung einzuleiten. Zur Umsetzung bieten sich verschiedene Wege an, auf die noch näher einge-gangen wird. Im Ergebnis kann kein Zweifel daran bestehen, dass insbesondere die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes eine Beendigung der Gehaltskürzung erfordert.

Die im Jahre 2006 gesetzlich angeordnete Kürzung der Gesamtbezüge erfolgte zum Zwecke der Aufrechterhaltung der finanziellen Handlungsfähigkeit des Landes, die seinerzeit akut gefährdet war. Es war eine Vielzahl einschneidender Sanierungs-maßnahmen erforderlich und die Beamtenschaft des Landes wurde in besonderer Weise in die Pflicht genommen. Mittlerweile sind die Finanzen des Landes strukturell konsolidiert, so dass neben den zwingend gebotenen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur auch wieder Spielraum zur Stärkung der personellen Leistungsfä-higkeit des Landes besteht. Dabei geht es nicht um die Gewährung von „Extras“ oder gar „Privilegien“, wie dies zum Teil in der Boulevardpresse dargestellt wird, son-dern einzig und allein um die Zahlung einer der jeweiligen staatlichen Aufgabenstel-lung angemessenen und wettbewerbsfähigen Besoldung.

Die Beamtinnen und Beamten des Landes sind weit überwiegend in herausgehobenen Fach- und Führungspositionen tätig. Qualifiziertes Personal lässt sich für diese Bereiche in ausreichender Zahl nur dann gewinnen, wenn neben den sozialen auch die finanziellen Beschäftigungsbedingungen stimmen. Das Land steht hier im Wettbewerb mit dem Bund und anderen Ländern, die spürbar höhere Bezüge bieten. Auch die Privatwirtschaft ist für eine Reihe von Berufsbildern Konkurrent. Es zeichnet sich bereits heute ab, dass am Arbeitsmarkt gesuchtes Fach- und Führungspersonal wie z.B. Ingenieure, Ärzte, IT-Fachleute sowie qualifizierte Ökonomen und Juristen immer schwerer zu gewinnen ist. Diese Problematik wird sich nach seriösen Prognosen in Zukunft noch verstärken, so dass rechtzeitige Anpassungsmaßnahmen erforderlich sind, die unseres Erachtens zwingend auch eine finanzielle Komponente enthalten müssen.

Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben einen berechtigten Anspruch auf qualitativ hochwertige öffentliche Dienstleistungen. Diese können auf die Dauer ge-sehen nur mit überdurchschnittlich qualifiziertem und entsprechend bezahltem Per-sonal erbracht werden. Alles andere führt zu einer schleichenden Aushöhlung unabdingbarer Standards. Die Absicherung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Beamtinnen und Beamten ist kein Selbstzweck. Sie dient der institutionellen Sicher-stellung sachlich fundierter, gemeinwohlorientierter Entscheidungen, auch und gera-de in der Justiz. Vergleiche mit Berufsgruppen, die zu schlechteren Bedingungen als die Beamtenschaft beschäftigt werden, sind deshalb nicht hilfreich.

Die Beamtinnen und Beamten haben die harten Sanierungsbemühungen des Landes mit großer Geduld mitgetragen und hierzu neben der Kürzung ihrer Bezüge auch eine erhebliche Arbeitsverdichtung in Kauf genommen. Das Land ist deshalb unter den aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen in der Verantwortung, für einen angemessenen Ausgleich zu sorgen.

Aus den vorstehenden Gründen und im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht durch das Grundsatzurteil vom 5. Mai 2015 2 BvL 17/09 aufgestellten Grundsätze zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Beamtenbesoldung halten wir eine strukturelle Anhebung der Besoldung in der Größenordnung des früheren Weihnachtsgeldes für notwendig. Eine Besoldung, die sich wie jetzt am Rande der Verfassungsmäßigkeit bewegt, kann auf die Dauer nicht hingenommen werden.

Nach unserer Auffassung sollte das bisherige Weihnachtsgeld entsprechend der im Bund getroffenen Regelung monatlich umgelegt und in die Tabellengehälter eingerechnet werden. Hierdurch verringert sich der Abstand der Landesgehälter zu den Bundesgehältern und das Land wäre in der Vergleichsbetrachtung des Gehaltsgefü-ges besser aufgestellt. Die nicht zielführende öffentliche Diskussion darüber, ob es zweckmäßig ist, der Beamtenschaft ein Weihnachtsgeld zu gewähren, was viele andere Arbeitnehmer nicht erhalten, käme gar nicht erst auf.

Wir verkennen nicht, dass eine strukturelle Neuordnung der Tabellengehälter im vorgenannten Sinne nicht unerhebliche Finanzmittel in Anspruch nimmt, so dass eine entsprechende Anpassung der Gehälter – wie auch im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehen – schrittweise erfolgen kann. Allerdings sollte ein Einstieg in eine gesetzliche Neuregelung spätestens im Rahmen des Folgehaushalts 2019 erfolgen.

Als Spitzenvertretung des höheren Justizdienstes möchten wir das Land schließlich auch an seine Fürsorgepflicht für seine Richter und Staatsanwälte erinnern. Durch die Abschaffung der Sonderzuwendung haben die Angehörigen des höheren Dienstes Jahr für Jahr eine Gehaltseinbuße von etwa 5% erlitten, was sich bei den meisten Kolleginnen und Kollegen inzwischen auf mehr als ein halbes Jahresgehalt summiert hat. Es kann unseres Erachtens weder geboten noch gerecht sein, dieses Sonderopfer weiter aufrecht zu erhalten.