Justizhaushalt: Mehr Gutsherrenart geht nicht!
Gestern Nachmittag ließ Justizministerin von der Decken die Justizbeschäftigten in Schleswig-Holstein wissen, was das Kabinett beschlossen habe. Zur Erbringung von Einsparungen, deren genaue Höhe nicht benannt wird, soll eine weitreichende Gerichtsreform kommen. Sozial- und Arbeitsgerichte sollen im ganzen Land auf einen Standort zusammengeführt werden. Dabei geht es um die seit Jahrzehnten bestehenden vier Sozialgerichte in Itzehoe, Kiel, Lübeck und Schleswig sowie um die fünf Arbeitsgerichte in Elmshorn, Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster. Diese insgesamt neun Gerichte sollen an einem gemeinsamen noch zu findenden Sitz zusammengelegt werden. Gleichzeitig soll das in Kiel ansässige Finanzgericht nach Schleswig umziehen. Durch diese Maßnahmen, die bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2026 vollzogen sein sollen, verspricht sich das Kabinett Einsparungen in nicht mitgeteilter Höhe. Darüber hinaus sollen ähnliche Maßnahmen im Bereich der Amtsgerichte geprüft werden. So ist zwar noch nicht beschlossen, aber bereits angedacht, die 22 Amtsgerichte in Schleswig-Holstein mittelfristig so zusammenzufassen, dass nur ein Amtsgericht pro Kreis bestehen bleibt.
„Diese Vorgehensweise lässt uns völlig fassungslos zurück,“ erklärte die Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Richterverbandes Dr. Christine Schmehl. „Mehrere Hundert Beschäftigte von insgesamt zehn betroffenen Fachgerichten unangekündigt und ohne jeden Dialog quer durchs ganze Land versetzen zu wollen, haben wir bislang in Schleswig-Holstein für unvorstellbar gehalten. Gleichzeitig den Bürgerinnen und Bürgern ihren ortsnahen Zugang zu den wichtigen Sozial- und Arbeitsgerichten zu nehmen, ist ein Handstreich, wie er im Buche steht. Wie kann man über die Köpfe aller Betroffenen hinweg einfach so am grünen Tisch derart weitreichende Veränderungen beschließen? Diese Kommunikationsweise erschüttert das Vertrauen aller Justizbeschäftigten nachhaltig und entspricht nicht dem 21. Jahrhundert, sondern der Kaiserzeit. Und bei genauem Hinschauen kommt noch eines hinzu: An welchen Standort die insgesamt neun Arbeits- und Sozialgerichte umziehen sollen, wird nicht offengelegt. Ein derart aufwendiger Umzug ist binnen so kurzer Zeit aber nur denkbar, wenn bereits jetzt absehbar ist, wohin die Reise geht. Auch darüber schweigen sich die Verantwortlichen lieber aus, ebenso wie über die Wirtschaftlichkeit ihres gesamten Vorhabens.“