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Stellungnahme zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Finanzanlagestrategie Nachhaltigkeit in Schleswig-Holstein (LT-Drucksache 19/2473)

Der Schleswig-Holsteinische Richterverband nimmt – im Anschluss an die Anhörung durch das Finanzministerium im Rahmen der vorgezogenen Beteiligung – zu dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Finanzanlagestrategie Nachhaltigkeit in Schleswig-Holstein (LT-Drucksache 19/2473) folgendermaßen Stellung:

Der Schleswig-Holsteinische Richterverband hält es für sinnvoll, dass das Land und seine Anstalten und Stiftungen ihre Finanzanlagen unter Beachtung des Gesichtspunkts der Nachhaltigkeit tätigen. Das Konzept der Nachhaltigkeit hat sich in der Anlagepraxis vieler Staatsfonds und auch privater Anlagegesellschaften als Leitmotiv der Kapitalanlage durchgesetzt, weil es in der langfristigen Betrachtung nicht nur soziale und gesellschaftliche Vorteile, sondern auch Vorteile im Anlageerfolg selbst verspricht. Finanztitel nachhaltig wirtschaftender Unternehmen genießen an den Kapitalmärkten eine besondere Wertschätzung, weil die Anleger derartigen Unternehmen einen größeren Vertrauensvorschuss gewähren. Sie gehen davon aus, dass nachhaltiges Wirtschaften zu einer Verstetigung der Erträge führt und überdurchschnittliche Wachstumsraten ermöglicht, so dass der Erwerb gerade für langfristig orientierte Anleger Sinn macht. Das Land hat zudem als staatlicher Investor eine gewisse Vorbildfunktion, die auch bei der Kapitalanlage zum Tragen kommen sollte. Die Selbstverpflichtung zur nachhaltigen Finanzanlage erscheint deshalb sachgerecht und angemessen.

Der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität des Staates ist nicht berührt, weil das Land bei der Eigenanlage seiner Finanzmittel nicht im Wettbewerb zu anderen Unternehmen steht. Im Hinblick auf den vergleichsweise geringen Anteil der Anlagen des Landes am Gesamtkapitalmarkt besteht auch keine ins Gewicht fallende Nachfragemacht, die zu etwaigen Wettbewerbsverzerrungen führen könnte. Die Herausforderung besteht aus unserer Sicht in einer zielgenauen, aber auch praxisgerechten Umsetzung des Anlagekonzepts der Nachhaltigkeit. Einerseits darf Nachhaltigkeit nicht auf einen beliebig interpretierbaren Programmsatz reduziert werden. Andererseits sollten die vorgegebenen Nachhaltigkeitskriterien einen gewissen Auswahlspielraum belassen, um die erforderliche Breite in der Anlage erreichen und auf aktuelle Entwicklungen an den Kapitalmärkten zeitnah und sachgerecht reagieren zu können. Darüber hinaus gilt es, nicht zu einseitig anzulegen, um sogenannte Klumpenrisiken zu vermeiden.

Der Gesetzentwurf stellt hierzu sachgerechte Vorgaben auf:

§ 3 Abs. 1 des Entwurfs sieht vor, dass Nachhaltigkeit neben Sicherheit, Rendite und Liquidität ein weiterer verbindlicher Anlagegrundsatz bei Finanzanlagen sein soll. § 4 Abs. 1 des Entwurfs definiert nachhaltige Anlagen als Verpflichtung zur Finanzanlage nach ökologischen, sozialen und ethischen Kriterien. Diese Kriterien werden sodann durch ein Zwei-Stufen-Modell näher präzisiert. Auf der ersten Stufe finden die in § 4 Abs. 2 in Bezug auf staatliche Emittenten und in Abs. 3 in Bezug auf Unternehmen niedergelegten Ausschlusskriterien Anwendung. Bei Vorliegen eines der katalogmäßig aufgeführten Ausschlusstatbestands besteht ein Erwerbsverbot. Auf der zweiten Stufe wird durch § 4 Abs. 4 eine positive Auswahlvorgabe getroffen. Es sollen diejenigen Emittenten bevorzugt ausgewählt werden, die unter Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsaspekten führend sind (Best-In-Class-Ansatz). Die gesetzlichen Rahmenvorgaben der Kapitalanlage erscheinen uns sachgerecht. Die in § 4 Abs. 2 und 3 des Entwurfs niedergelegten Ausschlusskriterien wirken zwar einschneidend. Dies ist jedoch letztlich Folge des gewählten Nachhaltigkeitsansatzes. Die im Detail gewählten Kriterien sollen nicht näher kommentiert werden, weil sie letztlich politisch definiert sind. Bei der Gesamtbewertung der Anlagestrategie ist für uns von entscheidender Bedeutung, dass eine praxisgerechte, breit gestreute und auch ertragreiche Kapitalanlage nach wie vor möglich bleibt. Dies scheint uns auf der Grundlage der bereits seit Januar 2018 im Rahmen des Versorgungsfonds des Landes zur Anwendung kommenden Anlagerichtlinien, welche inhaltlich dem Gesetzentwurf entsprechen, der Fall zu sein.

Als Mitglied im Beirat des Versorgungsfonds hat sich der Schleswig-Holsteinische Richterverband davon überzeugen können, dass die nunmehr gesetzlich geregelten Anlagerichtlinien vom zuständigen Kredit- und Anlagereferat des Finanzministeriums in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank sinnvoll und zielführend im Landesinteresse umgesetzt werden können. Der Best-In-Class-Ansatz stellte sich als zweckmäßiger und relativ leicht umzusetzender Ansatz für die Auswahl der Finanztitel dar. Auf der gemeinsamen Sitzung des Beirats mit dem Anlageausschuss des Versorgungsfonds vom 28.11.2019 haben die zuständigen Mitarbeiter des Finanzministeriums und die anwesenden Vertreter der Deutschen Bundesbank die Methodik der Anlage für den Versorgungsfonds und auch eigene Forschungsansätze zum Anlagencontrolling präsentiert. Die Präsentation stellte sich überzeugend dar. Es bestand auf Seiten der Finanzfachleute und der Beiratsmitglieder ein hohes Maß an Zufriedenheit mit den Anlagerichtlinien und dem auf dieser Grundlage aufgebauten Anlagemodell. Die monatliche Berichterstattung des Ministeriums zur Kapitalanlage und Wertentwicklung in den einzelnen Teilportfolios des Versorgungsfonds ist ebenfalls als sehr transparent und aussagekräftig zu qualifizieren. Insgesamt ist festzustellen, dass gegenüber der früher allein in Landesschuldverschreibungen getätigten Anlage deutliche Fortschritte und auch Renditevorteile erzielt worden sind. Die Kapitalanlage durch das Fachreferat in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank als Depotbank und einer auf Nachhaltigkeitsaspekte spezialisierten Research Agentur hat sich zudem als bürokratiearm und vergleichsweise kostengünstig herausgestellt.

Es bestehen deshalb keine Einwände gegen den Gesetzentwurf.