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Stellungnahme zur Einführung einer pauschalen Beihilfe für gesetzlich krankenversicherte Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter

Der Schleswig-Holsteinische Richterverband bedankt sich für die Anhörung und nimmt zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Einführung einer pauschalen Beihilfe für gesetzlich krankenversicherte Beamtinnen und Beamte (Gesetzentwurf der Frak-tion der SPD, LT-Drucksache 19/1138 (neu)) und dem Antrag „Wahlmöglichkeit bei der Krankenversicherung für Beamtinnen und Beamte schaffen“ (Antrag der Abge-ordneten des SSW, LT-Drucksache 19/1070), wie folgt, Stellung:

Aus der Plenardebatte im Landtag vom 24. Januar 2019 (Plenarprot. 19/48, S. 3617 ff.) ist sehr deutlich geworden, dass es sich um eine vielschichtige, komplexe Prob-lematik handelt, die nicht mit einem kurzen „ja“ oder „nein“ zu beantworten ist. Es geht nicht allein um die Einräumung eines Wahlrechtes, welches für sich genommen positiv zu bewerten wäre, sondern auch um grundlegende Systemfragen des Kran-kenversicherungsschutzes.

Die weit überwiegende Zahl der Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richter ist mit der langjährig bestehenden Regelung der Gesundheitsfürsorge durch Beihilfe-leistungen und ergänzender privater Krankenversicherung sehr zufrieden und legt keinen Wert auf einen Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung. Der Vorteil der geltenden Regelung besteht darin, dass für die gesamten Beamtinnen und Be-amten, Richterinnen und Richter ein hervorragender Versicherungsschutz zu überschaubaren Kosten erlangt werden kann. Es wird zudem ein unbürokratischer, von den Budgetierungszwängen der gesetzlichen Krankenkassen losgelöster Zugang zu modernen Behandlungsmethoden gewährt, welcher sehr geschätzt wird. Die aktuelle Regelung der Gesundheitsfürsorge stellt damit ein wesentliches Attraktivitätsmerk-mal für das Beamtenverhältnis und das Richterverhältnis dar, auch weil hierdurch ein gewisser Ausgleich für das eher bescheidene Besoldungsniveau gewährt wird.

Umgekehrt sehen wir natürlich auch, dass für die freiwillig gesetzlich versicherten Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richter ein Nachteil insofern be-steht, als ihnen – im Gegensatz zu sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern – ein Arbeitgeberanteil nicht gewährt wird. Sie müssen für die Kosten ihrer Gesund-heitsfürsorge vollständig selbst aufkommen, was in der vergleichenden Betrachtung natürlich auch eine Gerechtigkeitsfrage aufwirft. Diese Frage stellt sich auch des-halb, weil es bei einzelnen Kolleginnen und Kollegen immer wieder vorkommt, dass Versicherungsschutz in der privaten Krankenkasse aufgrund von Vorerkrankungen des Mitglieds oder seiner Familienangehörigen nicht oder nicht zu angemessenen Konditionen erlangt werden kann. Auch bei Beamtenverhältnissen auf Zeit kann eine fortdauernde gesetzliche Versicherung im Einzelfall sinnvoll sein, um Vorsorge für ein absehbares Ende der Beihilfeberechtigung treffen zu können.

Uns steht kein konkretes Zahlenmaterial hinsichtlich des Anteils der freiwillig gesetz-lich versicherten Besoldungsempfänger zur Verfügung. Wir gehen im Wege der griffweisen Schätzung davon aus, dass es sich um einen niedrigen einstelligen Pro-zentsatz handeln dürfte. Es wäre für diesen Personenkreis eine große Hilfe, wenn hier zielgerichtet eine günstigere Beihilferegelung im Sinne einer Härtefallregelung getroffen werden kann, wobei dann allerdings im Interesse der Gleichbehandlung beider Systeme auch die allgemeinen Beihilfeselbstbehalte Berücksichtigung finden müssten.

Mit Blick auf die Tatsache, dass das System der privaten Krankenversicherung ganz wesentlich auf der nahezu vollständigen Einbeziehung der Beamtinnen und Beamten beruht und die privaten Versicherer zur wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit auch eine bestimmte Mindestzahl an Mitgliedern benötigen, lehnen wir einen allgemeinen Strukturwechsel in der Krankenversicherung der Beamtinnen und Beamten strikt ab. Die großen privaten Krankenversicherer sind zum Teil als Krankenunterstützungs-kassen aus der Beamtenschaft heraus gegründet worden und stellten ursprünglich Selbsthilfeeinrichtungen der Beamtenschaft zur Ergänzung des Beihilfeanspruchs dar. Das System hat sich langjährig bewährt und wird von allen Beteiligten sehr geschätzt. Durch die im Regelfall höheren Leistungen der privaten Krankenversicherung wird auch eine Quersubventionierung gesetzlich versicherter Patienten ermöglicht, was wiederum der medizinischen Versorgung in Deutschland insgesamt zugute kommt.

Bei etwaigen Änderungen im Beihilferecht sollten deshalb immer auch die Auswirkungen auf das komplexe gesamte Krankenversicherungssystem im Auge behalten werden. Deshalb halten wir es für sachgerecht, zunächst die Anzahl der in Schleswig-Holstein freiwillig gesetzlich versicherten Besoldungsempfänger festzustellen und die im Hamburger Modell gemachten Erfahrungen auszuwerten. Vor einer Entscheidung, die in das bestehende System eingreift, sollte die Tatsachengrundlage zur Bewertung und auch zur Abschätzung der Folgen dieses Eingriffs bestmöglich ermittelt werden.